11

Aug 2025

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Roségold versus Feingold: Welcher Standard setzt sich durch?

Von StoneX Bullion

Gold ist für viele Anleger der Inbegriff von Beständigkeit. Doch wer sich intensiver mit Edelmetallen beschäftigt, stößt schnell auf die Frage: Handelt es sich beim Investmentprodukt um reines Feingold oder um eine Goldlegierung, die mit anderen Metallen wie Kupfer oder Silber vermischt ist? Während Feingoldbarren und -münzen heute als Standard gelten, war es in der Geschichte keineswegs selbstverständlich, dass Gold in seiner reinsten Form geprägt oder verarbeitet wurde.

Diese Unterscheidung ist nicht nur eine technische Frage, sondern beeinflusst auch den Markt und das Vertrauen der Anleger. Mit der Entscheidung der britischen Royal Mint, den traditionsreichen Sovereign ab dem Jahrgang 2026 nur noch in klassischem Gelbgold und nicht mehr in Roségold zu prägen, wird die Debatte aktueller denn je.

Feingold als moderner Standard

Feingold mit einem Reinheitsgrad von 999,9/1000 gilt heute als Maßstab im internationalen Edelmetallhandel. Anleger, die Barren oder Anlagemünzen wie den Maple Leaf, die Wiener Philharmoniker oder die Britannia erwerben, können sicher sein, dass sie fast ausschließlich reines Gold in Händen halten.

Der Vorteil ist offensichtlich: Die Reinheit erleichtert die Berechnung des Materialwertes. Bei Feingold entfällt die Frage, welcher Anteil durch Kupfer oder Silber ersetzt wird. Zudem sorgt der hohe Reinheitsgrad für eine gewisse Standardisierung, die sich im globalen Handel durchgesetzt hat. Börsen, Banken und Händler weltweit akzeptieren Feingoldprodukte ohne weitere Nachprüfung, solange sie aus anerkannten Prägestätten stammen.

Warum Gold historisch oft legiert wurde

Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch ein anderes Bild: Über Jahrhunderte war es üblich, Gold nicht in seiner reinen Form zu prägen. Gründe dafür waren vielfältig:

Härte und Haltbarkeit: Reines Gold ist ein vergleichsweise weiches Metall. Münzen aus Feingold nutzen sich im Umlauf schnell ab, Kanten und Details verschwinden rasch. Eine Beimischung von Kupfer oder Silber erhöhte die Härte und machte die Münzen langlebiger.

Wirtschaftliche Stabilität: Viele Währungen basierten auf einem festen Goldgehalt, nicht auf absolut reinem Gold. So konnte eine Legierung eine einheitliche Qualität sicherstellen, ohne dass die Münzen zu empfindlich waren.

Tradition und Prägestandard: Historisch bekannte Münzsorten wie der britische Sovereign, der amerikanische Eagle oder auch der südafrikanische Krügerrand wurden mit Legierungen geprägt, die sich im Markt etablierten. Ein Feingehalt von 900 oder 917 Promille galt als optimaler Kompromiss zwischen Wert, Härte und Verarbeitbarkeit.

Besonders verbreitet waren 900er Goldmünzen (z. B. lateinische Münzunion im 19. Jahrhundert) und 917er Goldmünzen wie beim Sovereign. Diese Legierungen hatten im Zahlungsverkehr einen praktischen Nutzen, der reines Feingold nicht leisten konnte.

Roségold und seine besondere Ästhetik

Ein Sonderfall ist das Roségold, das durch einen höheren Kupferanteil eine rötliche Färbung erhält. Diese Legierung war nicht nur robust, sondern verlieh Münzen auch eine unverwechselbare Optik. Viele Sammler und Anleger schätzen bis heute den warmen Farbton des Roségoldes, der sich deutlich vom kühleren Gelbgold unterscheidet.

Für den Sovereign der Royal Mint hatte sich Roségold zum Markenzeichen entwickelt. Seit Jahrhunderten erschien die Münze in dieser charakteristischen Färbung, die ihr einen hohen Wiedererkennungswert verlieh.

Der Wendepunkt: Die Royal Mint wagt einen historischen Relaunch mit dem Sovereign

Im Jahr 2025 hat die Royal Mint angekündigt, dass die Sovereign-Serie letztmalig in Roségold erscheinen wird. Das ist eine echte Sensation – denn der britische Sovereign zählt zu den bekanntesten und traditionsreichsten Goldmünzen der Welt. Seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1489, als König Heinrich VII. die erste Ausgabe in Auftrag gab. Die Münze sollte die Macht und Stabilität der englischen Krone symbolisieren. Nach mehreren Unterbrechungen wurde der Sovereign 1817 im Zuge der Währungsreformen unter König Georg III. neu eingeführt und in dieser Form entwickelte er sich zu einem Standard im internationalen Zahlungsverkehr.

Charakteristisch für den modernen Sovereign ist das klassische Motiv von St. Georg im Kampf mit dem Drachen, das vom italienischen Künstler Benedetto Pistrucci entworfen wurde. Dieses Bild schmückt seit über 200 Jahren den Großteil der Ausgaben und ist zu einem weltweiten Erkennungszeichen britischer Münzprägung geworden. Ergänzt wird es durch die Darstellung des jeweiligen Monarchen auf der Vorderseite, was die Münze zugleich zu einem Spiegel der britischen Geschichte macht.

Der Sovereign war lange Zeit ein echtes Zahlungsmittel und wurde nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern auch in den Kolonien und Handelsstützpunkten der britischen Weltmacht akzeptiert. Dank seines konstanten Goldgehalts von 7,32 Gramm Feingold (bei einem Gesamtgewicht von 7,98 Gramm in 917er Legierung) genoss er hohes Vertrauen. Heute wird der Sovereign vor allem als Anlage- und Sammlermünze produziert, die Anlegern Zugang zu einer traditionsreichen Form von Goldinvestition bietet - mit einer Mischung aus historischem Erbe und moderner Prägequalität.

Die Royal Mint begründet ihren Schritt mit der langen Tradition des Sovereign: Über 500 Jahre lang wurde der Sovereign in einem gelbgoldenen Erscheinungsbild assoziiert, das enger an den natürlichen Farbton des Edelmetalls gebunden ist. Die Entscheidung wird auch als Anpassung an den internationalen Markt verstanden, in dem Anleger zunehmend Feingoldprodukte erwarten.

Für Sammler bedeutet dies, dass der Sovereign 2025 ein historischer Jahrgang ist: Möglicherweise der letzte seiner Art in Roségold. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Ausgabe künftig als Wendepunkt in der Geschichte der Münze und der britischen Münzprägung allgemein betrachtet wird.

Krügerrand: Ein Sonderfall im Investmentmarkt

Während die Royal Mint das Roségold aufgibt, bleibt der Krügerrand ein prominentes Gegenbeispiel. Die südafrikanische Anlagemünze wird weiterhin in einer „916,7“er Goldlegierung geprägt, die durch Kupfer eine leicht rötliche Färbung erhält.

Der Krügerrand genießt weltweit einen exzellenten Ruf, da er seit 1967 als erste moderne Bullionmünze den globalen Investmentmarkt geprägt hat. Dennoch führt seine Legierung immer wieder zu Missverständnissen: Viele Käufer erwarten bei einer „Goldmünze“ automatisch Feingold und sind irritiert, wenn der Krügerrand durch die Kupferbeimischung schwerer ist als vergleichbare Feingoldmünzen, obwohl er den gleichen Goldanteil enthält.

Händler müssen daher regelmäßig Aufklärungsarbeit leisten. Missverständnisse entstehen insbesondere bei Neueinsteigern, die den Materialwert fälschlicherweise mit dem Gesamtgewicht gleichsetzen.

Legierung oder Feingold: Die Perspektive der Anleger

Für Anleger stellt sich die Frage: Ist eine Legierung ein Nachteil?

  • Pro Legierung: Höhere Robustheit, historische Authentizität, teilweise günstigere Preise im Handel.
  • Contra Legierung: Weniger Transparenz beim Feingewicht, mögliche Missverständnisse, geringere internationale Standardisierung.

Langfristig setzt sich im globalisierten Handel jedoch der Trend zum Feingold durch. Dies liegt an der besseren Vergleichbarkeit und der klaren Norm, die Feingoldprodukte mit sich bringen.

Hat Roségold trotzdem eine Zukunft?

Mit dem Ausstieg der Royal Mint aus Roségold stellt sich die Frage, ob andere Prägestätten nachziehen. Der Trend deutet ganz klar darauf hin, dass Feingoldprodukte künftig dominieren werden. Dennoch ist Roségold nicht vollständig vom Markt verschwunden. Im Schmuckbereich bleibt es populär, und auch der Krügerrand dürfte weiterhin seine Sonderstellung behaupten.

Für Anleger ist entscheidend, das jeweilige Produkt richtig einzuordnen: Wer Transparenz und Standardisierung sucht, wird Feingold bevorzugen. Wer dagegen Wert auf Tradition, Geschichte oder eine besondere Optik legt, kann in Legierungen wie Roségold oder 917er Gold eine spannende Alternative sehen.

Die Entscheidung zwischen Roségold und Feingold ist also keine rein ästhetische Frage, sondern spiegelt die Entwicklung des Edelmetallmarktes wider. Historisch waren Legierungen unverzichtbar, um Münzen widerstandsfähig zu machen. Heute dominieren standardisierte Feingoldprodukte, die den internationalen Handel erleichtern.

Mit dem Sovereign geht im Jahr 2025 eine Ära zu Ende: Die Royal Mint kehrt zur Tradition des Gelbgoldes zurück und verabschiedet sich von Roségold. Ob dies das endgültige Ende dieser Legierung im Investmentbereich bedeutet, bleibt offen – der Krügerrand zeigt, dass auch andere Wege erfolgreich sein können. Für Anleger gilt: Wer die Unterschiede kennt, kann bewusster investieren und Missverständnisse vermeiden. Feingold ist der globale Standard, doch Roségold bleibt ein faszinierendes Relikt aus der langen Geschichte des Goldes – und wird nie vollständig verschwinden.

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